Pfarrei Lenggenwil
Pfarrkirche Lenggenwil
Mit der Kirche in Lenggenwil verbindet sich eine reichhaltige und lange Geschichte, die bis ins Jahr 1275 zurückreicht und Auskunft gibt über Sitten und Gebräuche in sieben Jahrhunderten.
Die Pfarrei Lenggenwil war ursprünglich eine weit verzweigte Pfarrei. Nicht nur Amtszell und Oberheimen gehörten nach Lenggenwil, sondern auch Zuzwil, Brübach, Sonnental und zeitweise wohl auch Hosenruck und Welfensberg. Im Jahr 1275 ist eine Kirche in Lenggenwil erstmals urkundlich erwähnt. Der Zehntenrodel des Bistums Konstanz beweist im Abschnitt über das Dekanat Wil, dass im Jahr 1366 Conrad Rusch Pfarrer in Lenggenwil war.
Schlimme Zeiten erlebte Lenggenwil zur Zeit der Reformation im 16. Jahrhundert, weil sich die Pfarrei als einzige des Wiler Amtes nicht zum Glaubenswechsel entschloss. Der Gedanke eines Neubaus des kleinen Gotteshauses kam wohl im Jahr 1720 auf, als der Fürstabt von St. Gallen Lenggenwil, nachdem es lange nach Niederhelfenschwil kirchgenössig gewesen war, wiederum einen eigenen Pfarrer zubilligte.
Am 22. Juni 1737 schliesst die Gemeinde auf Anordnung des geistlichen Oberherrn mit den Meistern Stadtmaurer Joachim Rüthy aus Wil und dem Bischofszeller Maurer Josef Keller einen Akkord über die «Erbauung einer neuen Kirche bis an den Turm» ab. Zu erwähnen ist, dass der damalige Turm nur so hoch war wie jetzt die Kirche und dass die vorherige Kirche nur die Höhe einer kleinen Kapelle aufwies. Das heisst also, dass es einen Neubau von Chor und Schiff gab, während man den alten Turmrumpf bestehen liess.
Beim Abbruch und beim Aufrichten benötigten die beiden Baumeister zahlreiche Hilfskräfte. Täglich mussten beim Bau vier Männer des Kirchenspiels als Handlanger zudienen. Jedenfalls schritt das Werk so rasch voran, dass nach gut vier Monaten Bauzeit die neue Kirche, freilich noch im Rohbau, am 3. November 1737 zu Ehren des heiligen Mauritius geweiht werden konnte.
Aus dem Jahr 1851 liegen Plan und Baubeschreibung einer Kirchenrenovation vor, aus denen wir unter anderem erfahren, dass das Gewölbe repariert und in denselben Farben wie vorher gestrichen werden müsse. Die originale Deckenstukkatur überstand auch die Renovation der Jahre 1873/74 durch den Maler Karl Brägger. Die ursprünglichen Rokoko-Altäre wurden hingegen zerschlagen.
Wenn die Beurteilung des Stiles richtig ist, so wäre in der Kirche Lenggenwil die Ausstattung vielleicht in den Sechzigerjahren des 18. Jahrhunderts erneuert worden. Das Hauptverhängnis nahte aber im Jahr 1906, als man sich für ein neues freitragendes Rabitzgewölbe entschied und neue Stukkaturen durch das Gipsergeschäft Herbst in Wil anbringen liess. Damals klebte man auch das Deckengemälde in den Spiegel. Die heutige Mauritiuskirche wurde vor dem Pfarrhof erbaut. Im Jahr 1932 wurden vier neue Glocken angeschafft. Von 1970 bis 1972 fand eine Innen- und Aussenrenovation der Kirche, im Jahr 2003 eine sanfte Aussenrenovation statt.
Zu erwähnen ist eine Besonderheit der katholischen Kirche, die in Lenggenwil bis Ende der 50er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts aufrechterhalten wurde. Die Frau hatte nach einer Geburt vor dem ersten Gottesdienst-Besuch vor der Türe zur Kirche zu warten, bis der Pfarrer sie aussegnete. Erst dann schien sie rein genug zu sein, um die Kirche wieder betreten zu können.
Landwirte, die an schönen Sonntagen das Heu einbrachten, wurden am nächsten Sonntag in der Kirche namentlich vom Dekan Martin Waibel verkündet. Auch der Religionsunterricht mit Dekan Waibel lief nicht ohne Strenge ab. So ist dieser Dekan noch manchen Schülern in Erinnerung geblieben, wie die Jubiläumsschrift «Lenggenwil leben erleben» zu berichten weiss: «Wenn wir etwas nicht sofort begriffen, schrie er uns immer an: <Ihr dummen Lenggenwiler Glötze!> und stampfte mit seinen Füssen auf den Boden.»
Quelle: aus Wiler Zeitung 31.01.2009, "Von sündigen Bauern und Frauen" Autor: Magnus Leibundgut
Zur Geschichte der Kirche Lenggenwil in Jahreszahlen
- Im Jahre 1275 wurde erstmals eine Kirche urkundlich in Lenggenwil erwähnt.
- 1720 hat der Fürstabt von St. Gallen, Lenggenwil einen eigenen Pfarrer zu gebilligt und zu einer eigenen Pfarrei erhoben.
- 1737 wurde eine neue Kirche erbaut und zu Ehren des Hl. St. Mauritus geweiht. Denn die vorherige Kirche hatte nur eine Höhe von einer kleinen Kappelle.
- 1964 ist die Frage aufgetaucht eine neue und grössere Kirche zu bauen, was dann Gott sei dank bei der Kirchenbevölkerung nicht durchkam.
- 1972 hat man dann die Kirche, anstelle eines Neubaus, einer total Renovation unterzogen. Das Äussere wurde beibehalten. Hingegen wurde das Innern total umgestaltet. Die Kanzel, die aus dem Jahre 1689 stammt, die Sakristeitüre und der Hauptaltar sind das einzige was von der alten Kirche erhalten blieb. Die zwei Seitenaltäre sind ebenfalls entfernt und zum Leidwesen der Denkmalpflege entsorgt worden.
- 1995 ist die aus dem Jahre 1941 stammende pneumatische Orgel, die aus verschiedenen Orgeln zusammengesetzte war, durch eine Digital-Computer-Orgel ersetz worden.
- 1998 hat man den Innenraum einer Reinigung unterzogen.
- 2000 wurde der Friedhof auf der Nordseite von der Kirche mit neuen Grabfeldern und einem Gemeinschaftsgrab erweitert. Im alten Teil hat man ein Urnengrabfeld angelegt.
- 1986 hat man das MZG eingeweiht, das ein Gemeinschaftswerk von Primarschule, Kirche und Polit. Gemeinde ist. Was ein Novum ist, dass zuerst gebaut wurde und erst im nachhinein wurden die rechtlichen Anteile in einem Vertrag geregelt. Damit die Kirchgemeinde zu den finanziellen Mitteln kam, um in diesem Gebäude ein Pfarreisaal zu integrieren, wurde der Boden, auf dem das MZG steht, von der Kirchgemeinde an das MZG zu Fr. 30.00 verkauft.
- 1995 hat man, die aus Edelstahl erstellten Ambo und Kredenztisch mit integriertem Halter für die Osterkerze angeschafft. Beide Gegnstände wurden von Künstler Herr Burger, Berg SG entworfen und ausgeführt.
- 2008 hat man den Pfarreisaal und das Sitzungszimmer renoviert.
- 2010 wurde der Chorraum umgestaltet. Es wurde, der bei der total Renovation der Kirche , im Jahre 1972 , angeschaffte Altar und Taufstein ersetzt. Der Anlass zur Ersatzanschaffung ergab sich, weil sie überdimensioniert waren und viel zu viel Platz im kleinen Chorraum einnahmen. Bereits nach der Einweihung, der renovierten Kirche, bemängelte die GPK vom Administrationsrat, die Übergrösse vom Altar. Der neue und kleinere Altar und Taufort sind aus Edelstahl angefertigt. Ebenso ist ein neuer Opferkerzenständer aus Edelstahl, mit integrierter Ablage für das Bittbuch angeschafft worden. Alle drei neuen Gegenstände wurden vom Künstler J. Ammann, Gordola TI entworfen. Die Weihe vom Altar und die Einsegnung vom Taufort wurde durch Bischof Markus Büchel vorgenommen.
Autor Karl Hinder